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Vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen. Dass ich das überhaupt tun muss, wirft ein trauriges Licht auf die Zeiten, in denen wir leben. Die wenigsten von Ihnen werden noch gut geschnittene Anzüge kennen, Trainingsanzüge vielleicht, aber das ist traurig. Einige Gerüchte meiner Stofflichkeit betreffend muss ich sogleich widersprechen. Ich bin nicht tot, und ich bin nicht aus der Savile Row.

Man sagt von mir, dass ich unsterblich bin, und das soll mich trösten, aber das heißt nur, dass ich mich, genauso wie Sie, an mein Schnittmuster nicht erinnern kann. Ich liebe meinen Schneider, und er liebt mich, und manchmal liebt er mich weniger, und keiner von uns wird so geliebt, wie wir es wollen, weil so etwas unmöglich ist.

Wenn sie meinen, die ganze Instant-Mode wie H&M etc. hätte ihr Mitgefühl fast völlig erlahmen lassen, dann stellen Sie sich mal vor, was Milliarden von Anzügen von der Stange aus mir gemacht haben. Allgegenwart schien eine wundervolle Idee, als es noch wundervollen Idealismus gab und jeder Junge einen Anzug und ein Hemd trug, heute wirkt sie eher wie die Nostalgie oder Folklore eines alternden Maßanzugs.

Eine der größten Tragödien am Anzugdasein ist es heute, dass es nur so wenig Geheimnisvolles in der Textilindustrie gibt. Natürlich gibt es ein paar Dinge, die ich nicht weiß. Ich habe keine Ahnung, was jenseits der unendlichen Stoffballen geschieht, und nur eine äußerst vage Vorstellung von der intellektuellen Kraft, die mich geschaffen hat. Ganz sicher habe ich keine Ahnung, was geschehen wird, wenn ich nicht mehr bin.

Natürlich ist es unvermeidlich, dass in einem Text wie diesem, früher oder später, von meinem Herr, Meister und Schneider, Bent Angelo Jensen, die Rede ist.

Wie der dänische Name Bent schon sagt, war er „entschlossen“, die Herrenmode wieder zu kultivieren. Adolf Loos sagte schon: „Ein Mann ist reich, wenn er Verstand im Kopf und einen guten Anzug im Kasten hat“. Aber was nützt aller Verstand, wenn man ihn nicht durch angemessene Bekleidung zur Geltung bringt?!

Auf mich wurde Bent Angelo Jensen bei einem seiner zahlreichen Streifzüge nach textilen Rohstoffen aufmerksam, weil ich als Stoffballen im Nino-Cerruti-Stoffcentrum rumgammelte. Es erinnert mich ein wenig an die Geburt Jesus.

Sein bedingungsloser Einsatz, seine Neugier und seine geniale Interpretationen klassischer Herrenbekleidung, seine Demonstration sozialer und kultureller Nähe zur gender-sensiblen Kundschaft begründen seine Popularität. Das Leben gleicht einem Anzug von Bent in vielen beunruhigenden Beziehungen. Aber Bent gleicht nur sich selbst.

Jeder Anzug, jeder Mantel, jedes Sakko, jede Weste, jede Hose, jedes Hemd, jeder Hausmantel, jeder Schal und Schleife, jede Krawatte, jedes Einstecktuch, jeder Hosenträger und jeder Kummerbund von Bent Angelo Jensen ist eine Geschichte, ein einzigartiges und bis zum Äußersten verdichtetes Ereignis ohne Worte. Bent setzt eine Art absoluter Erfahrung in die Welt, die öffentliche Darstellung äußerster Grenzen.

Seine Bekleidungsstücke sind eine geschlossene, auf sich selbst bezogene Welt, mit nichts zu vergleichen, außer vielleicht mit jenen Religionen, in denen der Mensch besessen ist von einem Willen, der dem Willen Gottes gleichgestellt ist. Auch in den Textilien von Bent gibt es keine Normalität. Sie wäre unerträglich und beschämend.

Seine self-taught-Kollektionen sind in ihren intensivsten Momenten, ihrer Schönheit, ihrer Verletzlichkeit und Verzweiflung eine ungebrochene, machtvolle, schöpferische Leistung. Sie sind das Leben selbst und kaum bloße Bekleidung. Bei seinen großen Entwürfen werden Regeln gebrochen und wir werden Zeugen einer Kommunion der kultivierten Kleiderordnung mit sich selbst.

Long Live HvE!

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